„Pinar“ bedeutet „Quellwasser“ – ihre sprudelnde Lebensenergie, die auch im Gespräch mit ihr deutlich wird, zeugt davon. Die 44-Jährige lebt seit drei Jahren in Würzburg, wo sie sich zunehmend zuhause fühlt. Im Gespräch mit ihr wird schnell klar: Ihre Reise war alles andere als einfach, aber sie hat sie mit einer beeindruckenden Mischung aus Geduld, Mut und Hoffnung gemeistert.
Pinar wurde in Ankara geboren, der Hauptstadt der Türkei, wuchs dort auf und studierte Medizin. Sie arbeitete als Ärztin, hatte ein sicheres Leben und eine glückliche Familie. Aus politischen Gründen musste sie vor 5 Jahren mit Mann und Kindern fliehen. Damit änderte sich alles.
„Am Anfang war ich wie ein Baby; ich konnte nicht sprechen, mich nicht gut ausdrücken“, erzählt sie. Die ersten Jahre waren geprägt von Unsicherheiten, von der Herausforderung, sich in einer neuen Kultur zurechtzufinden, und von der schwierigen Sprache. Mit der Zeit hat sie gelernt, besser Deutsch zu sprechen. Mittlerweile arbeitet sie wieder als Ärztin. Heute fühlt Pinar sich in Würzburg angekommen.
Würzburg empfindet Pinar als eine besonders freundliche Stadt. Es ist die Atmosphäre, die sie hier als entspannter und einladender beschreibt – nicht nur durch die Deutschen, sondern auch durch die Menschen anderer Nationalitäten. Die Mischung aus jungen, offenen Menschen und die Vielzahl an sozialen Möglichkeiten gefällt ihr besonders. „Ich habe viele Freunde hier“, sagt sie, „Deutsche, Türken und auch andere.“
Dennoch bleiben Herausforderungen. Ihre größte Angst ist nach wie vor, missverstanden zu werden. Das hat seinen Grund in einem unliebsamen Ereignis, das ihr widerfuhr. Als sie neu in Würzburg war und noch nicht arbeiten konnte, hatte sie sich angeboten, ehrenamtlich älteren Menschen in einem Pflegeheim Gesellschaft zu leisten und zu helfen. So könne sie gleichzeitig ihre Deutschkenntnisse verbessern, dachte sie. Doch es kam anderes. Pinar, die sich in dem Senioren- und Pflegeheim vorher angemeldet hatte, wurde am Empfang, wo man nichts von ihr wusste, abgewiesen. Als sie sich vor dem Heim mit einer Bewohnerin unterhielt, wurde die Mitarbeiterin der Einrichtung misstrauisch und rief die Polizei. Pinar konnte gar nicht glauben, dass das ihr galt. Doch so war es. Das hat sie aufgewühlt und sehr verunsichert. „Es war für mich sehr traurig“, sagt sie nachdenklich und resumiert: Missverständnisse können immer passieren. Entscheidend ist, die Bereitschaft, daraus zu lernen.
Für die Zukunft hat Pinar klare Vorstellungen. Sie wünscht sich von allen mehr Verständnis füreinander, mehr soziale Verantwortung untereinander und eine Gesellschaft, die die Bedürfnisse aller – ob jung oder alt, ob neu oder alteingesessen – respektiert.
Jeder Mensch - egal wie alt, egal woher - will irgendwann endlich ankommen. Wir zeigen 1.000 Menschen aus Würzburg, jeden mit seiner eigenen Geschichte.
Über diese Geschichten, Kunst, Diskussionen und kreative Formate laden wir alle ein, miteinander ins Gespräch zu kommen, gemeinsame Werte zu entdecken und sie im besten Fall gemeinschaftlich umzusetzen.
Dass Diversität im eigenen Umfeld als Chance begriffen werden kann, will das Projekt ebenso erfahrbar machen, wie das Glücksgefühl, das sich einstellt, wenn man selbst etwas verändert.